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Kein Ende in Sicht

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(Transparenz: Der Beitrag wurde durch das Bereitstellen eines Exemplars von Ende in Sicht unterstützt)

Wenn eine 69-Jährige in die Schweiz reist, um dort aus dem Leben zu scheiden, und ihr unterwegs eine 15-Jährige mit suizidalen Absichten von einer Brücke aus auf die Motorhaube knallt, ist das der Anfang von Ende in Sicht und der Beginn einer Reise zu zweit, mit offenem Ausgang. Wollen sie zusammen noch, was ihnen alleine als der einzige Ausweg erschien?

Content Notes: Depression, Suizid, Suizidversuch, Tod, Mental Health

Zugegeben, das babyblaue Einerlei und die Schnecke mit der Diskokugel als Häuschen ließen mich im ersten Moment keine Must-Read-Vibes verspüren. Sorry. Stirnrunzeln, ein “Ah ja. Thank you, next“ und weiter ging‘s im Verlagsprogramm. Ein Fehler! Es stimmt halt doch: Never judge a book by its cover. Man muss Ende in Sicht tatsächlich gelesen haben, um das Cover zu verstehen. Wie viel Symbolik in dem Minimalismus steckt, die Diskoschnecke als rhetorische Figur irgendwo zwischen Metapher und Oxymoron. All das wird dir zuteil, wenn du Ronja von Rönnes dtv-Debüt kennst. Jetzt kann ich sagen: Ich liebe das Cover! Selten hielt ich ein Buch in den Händen, bei dem das Äußere so genial gut zum Inhalt passte.

Zur Autorin: Ronja von Rönne

Ronja von Rönne ist Autorin und Moderatorin. Ihrem Mitwirken als Leserin beim Ingeborg-Bachmann-Preis 2015 ist es zu verdanken, dass ich meine anfängliche Reserviertheit gegenüber dem Cover beiseite schob und mich genauer mit dem Inhalt ihres neuen Romans befasste. Im Studium behandelten wir die Literaturvermittlung durch Buchpreise. Im Zuge sprachen wir über den Bachmann-Preis, wodurch mein Interesse an von Rönne und Ende in Sicht geweckt wurde. Weitere Veröffentlichungen der Autorin sind das biografische Heute ist leider schlecht: Beschwerden ans Leben bei S. Fischer und ihr Debüt-Roman Wir kommen beim Aufbau Verlag (nur noch als E-Book erhältlich). Ihren Auftritt im NDR-Talk deep und deutlich zum Thema Depression und Panikattacken. Wir bringen Licht ins Dunkel erachte ich außerdem für äußerst sehenswert!

Worum geht’s? Ende in Sicht en Detail

Ende in Sicht beschreibt die besondere Geschichte zweier Frauen, die sich in den wohl dunkelsten Momenten ihrer Leben begegnen. Hella Licht ist 69 und auf dem Weg in die Schweiz, um dort zu sterben. Unterwegs ereignet sich ein alles verändernder Zwischenfall. Die 15-jährige Juli Pfingsten will sich von einer Autobahnbrücke aus in den Tod stürzen, und landet dabei auf der Motorhaube von Hellas Passat. Ausgerechnet. Hella nimmt Juli kurzerhand mit und beschließt, sie auf ihrer Route in die Schweiz in Ulm abzuladen; dort möchte Juli hingebracht werden. Während das jeweilige Ziel der beiden näher rückt und die beiden Frauen sich kennen lernen, ist unklar, ob sie ihre Pläne überhaupt noch umsetzen wollen.

Meine Meinung zum Buch

Die grundlegenden Thematiken des Romans wiegen schwer: Depression und suizidale Absichten, um die zwei offensichtlichsten zu nennen. Als Gegenpol: Hoffnung auf Besserung, dass Hella und Juli sich dabei unterstützen, sich selbst zu retten. Was Leser:innen erwartet, weist der Klappentext gut aus. Trotzdem, und das ist vor allem dem Talent der Autorin zu verdanken, ist Unsicherheit ein ständiger Begleiter des Geschehens, zumindest meiner Wahrnehmung nach. Wirklich alles kann hier passieren. Obwohl ich beim genauen Studieren sämtlicher verfügbaren Paratexte eine grobe Idee bekam, welchen Weg die Erzählung beschreiten würde, wurde ich nach meiner Lesezeit vom Gesamtpaket Ende in Sicht dann doch fasziniert und überrascht.

Mein größter „Kritikpunkt“: Ich hätte mir fünfzig Seiten mehr gewünscht. Das Ende war dann doch recht plötzlich in Sicht, und ich fühlte mich als Leser dafür noch nicht bereit. Und über den orangenen Vorsatz und das farblich darauf abgestimmte Lesebändchen könnte man bei Gelegenheit nochmal sprechen. Du siehst: Keine wirkliche Kritik, nur persönliche Vorlieben.

Ende in Sicht

Ende in Sicht ist die richtige Geschichte zur richtigen Zeit gewesen. Timing ist zwar nicht alles, kann aber durchaus entscheidend sein, wenn es um eine besondere Verbundenheit mit einem guten Stück Literatur geht. Für mich kam der Roman gerade recht. Deshalb hoffe ich, viele Leser:innen ermöglichen Ronja von Rönne einen gelungenen dtv-Einstand.

Wieso dieser Beitrag „Kein Ende in Sicht“ heißt

Das hat nicht direkt was mit dem Buch zu tun, sondern mit meinem Zueigenmachen des Titels. Klar, der „Ende in Sicht“-Teil ist vom Roman inspiriert. Der Rest ist aus meinem Feeling heraus entstanden, lange, bevor ich den Inhalt von Ende in Sicht bis zur letzten Seite kannte. Jetzt, nachdem ich den Roman ausgelesen habe, fühle ich das alles umso mehr. „Kein Ende in Sicht“ soll mein Motto für 2022 sein. Ende in Sicht, das erste Buch, das ich 2022 beendet habe, und dieser Blogbeitrag, sollen ab sofort mein täglicher Reminder sein, nicht aufzugeben. Nach dem Satz: „Das Leben ist nicht immer scheiße“. Auf das „nicht immer“ warte ich dann mal gespannt.

Na, wie sieht’s aus?

Konnte ich dich neugierig machen? Dann hab ich einen kleinen Tipp: Auf meinem TikTok-Kanal wird es am 14.01. ein Gewinnspiel zu Ende in Sicht geben. Ich würde mich freuen, wenn du vorbeischaust und dein Glück dort versuchst.

Alles Liebe
René

Zum Abschluss, angeregt von Ronja von Rönnes Danksagung, möchte ich an dieser Stelle eine Adresse nennen, die helfen kann: Deutsche Depressionshilfe.

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