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Wie Rachel DeLoache Williams einen verdammt nervenzerreibenden Roman veröffentlichte

My friend Anna Beitragsbild

Anzeige (Rezensionsexemplar)

Anna Delvey, eine millionenschwere Erbin aus Deutschland, schlägt in New York City auf und kann vor allem eine für sich begeistern: die Vanity Fair-Redakteurin Rachel DeLoache Williams. Die beiden schließen schnell Freundschaft. Dank Anna verlebt Rachel eine luxusbestimmte Zeit. Bis zu dem schicksalshaften Tag in Marrakech, der Rachel zurecht ins Grübeln bringt und den Einsturz des mühsam erbauten Kartenhauses von Anna einläutet …

Der fesselndste Roman 2019

Es war einmal ein Thriller, der hieß Der Kinderflüsterer. Besagter Roman wurde vom Blanvalet Verlag als „Der Bestseller des Jahres. Vergessen sie alles andere“ angekündigt. Was bin ich froh, dass ich nicht alles vergessen habe. Ich erwartete Spannung, ich habe keine Spannung bekommen. Das genaue Gegenteil gab es mit My friend Anna. Eine Art Biografie erwartete ich, und was habe ich gelesen? Nicht weniger als den fesselndsten Roman 2019.

Die wahre Geschichte von Anna Sorokin (oder Anna Delvey, wie man sie aus ihrer Zeit als Hochstaplerin kennt) beherrschte für eine ganze Zeit lang die Medien. In erster Linie ging es um den Prozess, der der 28-jährigen in diesem Frühjahr nach ihrer Verhaftung im Herbst 2017 gemacht wurde. Vanity Fair-Redakteurin Rachel DeLoache Williams, die insgesamt $62.000 an Anna verlor, veröffentlichte wenige Monate später, im Juli, ihren Roman My friend Anna, der bald darauf, Goldmann sei Dank, auch im Deutschen erschien.

Das Buch beginnt an dem Tag, an dem Rachel DeLoache Williams zum ersten Mal stutzig wird. Im gemeinsamen Urlaub in Marrakech funktionieren Annas Kreditkarten plötzlich nicht mehr. Rachel, gutmütig wie sie ist, springt für ihre Freundin in die Bresche. Sie zahlt die ausstehenden Beträge einfach selbst. Sie ahnt nicht, dass sie das Geld nie wieder sehen wird.

Wie My friend Anna zum Stadtfeind Nr. 1 wurde

Von hier an wird My friend Anna in Rückblenden erzählt. Die Autorin nimmt ihre Leser*innen mit in die Zeit vor Marrakech, in die Zeit, in der Anna Sorokin noch Anna Delvey hieß und niemand den spektakulären Betrugsfall auf sich zukommen sah. Es gab ein Kapitel, nachdem ich Angst hatte, My friend Anna werde nichts weiter als ein Buch über Rachel DeLoache Williams, die ihre Situation ausnutzt, um darüber zu schreiben und die 15 Minuten Ruhm auszukosten. Glücklicherweise hat sich das nicht bestätigt.

Ich muss zugeben, dass ich den Fall Anna Sorokin nicht aktiv mitverfolgt habe. Sobald Prominent, Exklusiv und Co. darüber berichteten, schaute ich zu. Selbst habe ich nie recherchiert, was es mit der vermeintlichen Millionärin aus Deutschland genau auf sich hat. Vielleicht konnte mich My friend Anna deshalb von sich überzeugen. Denjenigen von euch, die möglicherweise schon in der Vanity Fair davon lasen, mögen manche Schilderung altbekannt sein. Rachel hat ihre Situation wirklich gut beschrieben. Als Leser fieberte ich ständig mit ihr, schließlich wusste ich, wie die Geschichte am Ende ausgeht. Dass es leider kein Happy-End geben wird. Es war wahnsinnig faszinierend zu lesen, welche Ereignisse zur Gerichtsverhandlung führten, die im Frühjahr 2019 um die Welt ging und Schlagzeilen machte.

Zwischen Mitgefühl und Kopfschütteln

Was Rachel DeLoache Williams in meinen Augen gekonnt umsetzt, ist der Spagat zwischen Mitgefühl und Kopfschütteln für eine Frau in ihrer Situation. Einerseits denkt man sich als Außenstehender: Wie konnten die Alarmglocken nicht schon früher schellen? Im gleichen Atemzug liefert DeLoache Williams die Antwort: Wegen Anna. Als Nichtbeteiligter und trotz der ausführlichen Auseinandersetzung der Autorin mit dem Fall können wir uns nicht mal ansatzweise vorstellen, wie Anna wirklich tickte. Sollte sie nach ihrer Haftstrafe beschließen, ihre Geschichte zu erzählen – was zu 99,9% der Fall sein wird -, könnte das eine genauso unterhaltende Lektüre über eine gleichzeitig faszinierende und erschreckend narzisstische Person werden, wie es My friend Anna war.

Fazit

Die spannendsten Geschichten muss man sich nicht ausdenken, die schreibt das Leben einfach selbst: Dafür ist My friend Anna der gedruckte Beweis. Ein wahrhaftiger page-turner, der einen schon nach den ersten paar Zeilen in seinen Bann zieht und bis zum Ende nicht mehr loslässt – und das, obwohl man weiß, wie die Geschichte ausgeht!

P.S.: Meine Rezension zu Flying High von Bianca Iosivoni findet ihr hier. Viel Spaß beim Lesen!


Zur Sache

TitelMy friend Anna – Die wahre Geschichte, wie Anna
Sorokin mich und halb New York aufs Kreuz legte
OT: My friend Anna
AutorRachel DeLoache Williams
Aus dem Amerikanischen von Antje Althans u.a.
VerlagGoldmann
Erschienen19. August 2019
Seiten448
PreisEUR 10,00

*Rezensionsexemplar*





Transparenz

Bei dem Buch handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, zur Verfügung gestellt vom Verlag durch das Bloggerportal.

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